Am Anfang stand nicht der Wunsch nach Katzenbildern oder Online-Shopping, sondern die Angst. In den 1960er-Jahren, auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges, suchte das US-Verteidigungsministerium nach einer Möglichkeit, Computer miteinander zu verbinden, ohne einen zentralen, leicht angreifbaren Knotenpunkt zu schaffen. Sollte ein Teil des Netzes durch einen Atomschlag zerstört werden, sollte der Rest weiter funktionieren. So entstand ARPANET – ein experimentelles Netzwerk zwischen wenigen Universitäten und Forschungseinrichtungen. Das Militär verlor allerdings bald das Interesse an diesem Netz.

In den 1970er-Jahren wuchs das nun weitgehend sich selbst überlassene Netzwerk langsam, aber stetig. Forschende merkten schnell, dass der größte Nutzen nicht im gemeinsamen Rechnen lag, sondern im Kommunizieren. E-Mails wurden populär – so populär, dass sie bald den Großteil des Datenverkehrs ausmachten. Studierende nutzten das Netz, um günstig Nachrichten zu schreiben, zu diskutieren, zu flirten oder einfach Unsinn auszutauschen. Das Internet wurde früher sozial, als viele es erwartet hätten.

Damit all diese unterschiedlichen Rechner miteinander sprechen konnten, brauchte es eine gemeinsame Sprache. Diese lieferten Vint Cerf und Bob Kahn mit den TCP/IP-Protokollen. Am 1. Januar 1983 stellte ARPANET offiziell darauf um – ein Datum, das oft als eigentliche Geburtsstunde des Internets gilt. Ab diesem Moment war es ein echtes „Netz aus Netzen“.

Der große Durchbruch für die breite Öffentlichkeit kam jedoch erst Anfang der 1990er-Jahre – und beinahe beiläufig. Am europäischen Kernforschungszentrum CERN ärgerte sich der Informatiker Tim Berners-Lee darüber, dass Informationen über viele verschiedene Systeme verstreut waren. Er entwickelte ein einfaches, aber folgenreiches Konzept: Dokumente, die über Hyperlinks miteinander verbunden sind, abrufbar über einen Browser und bedienbar per Mausklick. Er nannte es World Wide Web. Entscheidend war dabei nicht nur die Idee, sondern seine Haltung: Berners-Lee verzichtete bewusst auf Patente. Jeder sollte diese Technik frei nutzen können.

Plötzlich wurde das Internet auch für Laien benutzbar. In den 1990er-Jahren hörte man das charakteristische Pfeifen und Rauschen der Modems, während sich Webseiten langsam – mitunter bis zu zwei Minuten – aufbauten. Suchmaschinen wie Yahoo, später ab 1998 Google, halfen beim Auffinden von Informationen. E-Mails verdrängten Briefe, Foren und Newsgroups schufen neue Gemeinschaften. Viele der frühen Internetnutzer waren weiterhin Studierende: neugierig, experimentierfreudig und erstaunlich gesprächig.

In den 2000er-Jahren veränderte sich das Internet erneut. Es wurde interaktiv. Nutzer lasen nicht mehr nur, sie schrieben selbst: Blogs, Wikipedia und soziale Netzwerke entstanden. Mit dem Smartphone wanderte das Internet schließlich in die Hosentasche. Man war nicht mehr „online“ – man war es einfach immer.

Heute ist das Internet allgegenwärtig. Es organisiert Arbeit, Freundschaften, Politik und Wissen. Was als militärisches Sicherheitsprojekt begann, wurde zu einem sozialen Raum für Milliarden Menschen. Und irgendwo darin lebt noch immer ein wenig der Geist jener ersten Studierenden weiter, die einfach nur Nachrichten verschicken wollten – möglichst schnell, möglichst unkompliziert und am besten rund um die Uhr.